Ich nutze intuitiv Storytelling in der Wissensvermittlung seit ich 1983 – damals 22-jährig – in die Erwachsenenbildung gestartet bin. Damals habe ich deutlich älteren und damit erfahreneren Berufstätigen im Rahmen ihrer Ingenieursausbildung auf eine schwierige, umfangreiche externe Prüfung in Qualitätssicherung vorbereitet. Unter anderem habe ich auch Sigfried Wolf, jetzt Aufsichtsratspräsident der Österreichischen Industrieholding AG damals Qualitätsdirektor der Hirtenberger Patronenfabrik, die statistischen Prüfmethoden vermittelt. Um meine Schüler:innen nach einem langen Arbeitstag munter und bei Laune zu halten habe ich selbst komplexe mathematische Zusammenhänge in Geschichten verpackt und mit Humor gewürzt. Die Gauß’sche Glockenkurve der Normalverteilung habe ich sogar ausdrucksgetanzt. Dass die Standardabweichung Sigma in Brusthöhe ist, hat sich dabei so eingeprägt, dass mir das meine ehemaligen Schüler:innen auch mehr als 30 Jahre später noch als Erinnerung erzählen. Die rein mathematische Formel haben sie natürlich in der Zwischenzeit längst vergessen. Noch mehr: ein an der Donauuniversität studierender Sohn eines meiner Schüler kannte die Geschichten noch aus den Erzählungen seines mittlerweile verstorbenen Vaters.
Über das Geschichtenerzählen reflektierend wird mir klar, wo die Quelle meiner Kompetenz des Storytellings liegt: In der Theoretischen Physik hat Storytelling eine besonders intensive Tradition. Die theoretisch-mathematisch abgeleiteten Erkenntnisse widersprechen derart unseren alltäglichen Erfahrungen, dass in deren Diskussion unter den besten Expert:innen Geschichten als Metaphern herangezogen wurden, um das nicht mehr Vorstellbare einigermaßen handhabbar zu machen. Von Einsteins Rolltreppen, Zügen und Aufzügen, die sich annähernd mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, um das Spezifikum der Speziellen Relativitätstheorie zu veranschaulichen bis zur viel zitierten Schrödingers Katze, um die Ungeheuerlichkeit der Quantenphysik zu verdeutlichen.
Mein Professor in Theoretischer Physik Roman Sexl war Meister des Storytellings – und hat mich in dieser seiner Vortragsweise sicherlich maßgeblich geprägt. So hat er uns im Jahr 1982 anhand der Physik der Nudelsuppe die unterschiedlichen Energiearten erklärt. Und das so einprägsam, dass ich sie beim Jahresauftakt des Senats der Wirtschaft im Jahr 2017 im Anschluss an meine Keynote „Energie: Was sie ist, wie sie wirkt und wie man sie nutzbar macht!“ noch aus dem Stehgreif referieren konnte.
Praktischen Nutzen hat das auch gebracht: bei diesem Event habe ich dann mit einem Experten für Nachhaltigkeit in der Architektur unterhalten. Auch da habe ich auf meine weit mehr als 30 Jahre zurückliegende Studienzeit greifen können: Damals haben wir als Prüfung bei Prof. Sexl berechnen müssen, ab welcher Höhe von Hochhäusern es Sinn macht, im Keller mit der potentiellen Energie des Abwassers ein Kraftwerk zu betreiben. Ich weiß noch das Ergebnis: es waren einige hundert Meter. Die Fallhöhe die auch Wasserkraftwerke in den Alpen aufweisen. Mittlerweile sind die höchsten Gebäude in dieser Größenordnung. Der Experte für Green Architecture hat diese Anregung für nachhaltige Energiegewinnung höchst interessiert aufgegriffen.
Gernot Winter, Herausgeber des Magazins TRAiNiNG hat mit mehreren Storytelling-Expert:innen – so auch mit mir ein Interview zur Macht von Geschichten geführt. Wie kann man Geschichten zur Wissensvermittlung und für Präsentationen, zum Fördern von Awareness und zum Gelingen von Veränderungen gezielt nutzen? Was ist dabei zu beachten? Worin liegen die Fallen?
Frage:
Storytelling liegt im voll im Trend. Das ist einerseits sehr schön, andererseits ist es ein bisschen seltsam, das Erzählen von Geschichten als »Trend« zu sehen. Denn es gibt nur sehr wenig in der Geschichte der Menschheit, das so zeitlos ist. Das Erzählen und Weitererzählen von Geschichten ist ein wesentlicher Bestandteil des Mensch-Seins. Mit den Geschichten haben sich Sprachen entwickelt, und mit den Sprachen die Geschichten.
Meine Antwort:
Mit Storytelling ist es in etwa so, wie in der Geschichte aus dem „Der Bürger als Edelmann“ von Molière. Monsieur Jourdain versuchte als einfacher Bürger das Herz einer hoch gestellten Dame zu erobern. Er bat den Hausgelehrten für ihn schöne Liebesworte zur Anbetung der Verehrten zu dichten. Dieser fragte: „Lyrik oder Prosa?“ Was denn der Unterschied sei, erkundigte sich Jourdain. Lyrik sei, seine Worte in Reime zu fassen, während Prosa die Sprachform sei, die Monsieur Jourdain im Alltag ständig sprechen würde, antwortete der Hausgelehrte. „Ich spreche Prosa?“, fragte Jourdain verwundert, und als er daraufhin Zustimmung fand, rief er begeistert aus: „Mein Gott, ich spreche Prosa! Ich spreche Prosa! Ich wusste gar nicht, dass ich Prosa sprechen kann!“
In den Trainings Storytelling geht es vor allem darum, diese durch unsere westliche Bildung meist verschüttete Kompetenz des Geschichtenerzählens wieder freizulegen. Geschichten zu erzählen, um Inhalte zu verpacken und Menschen zu berühren, funktioniert nämlich ziemlich anders, als Aufsätze zu schreiben, um gute Noten zu bekommen. Bei den meisten Teilnehmer:innen besteht darin die größte Überwindung.
Dazu Pablo Picasso:
„Als Kind ist jede*r ein*e Künstler:in.
Die Schwierigkeit liegt darin,
als Erwachsener eine*r zu bleiben.„
Dann kann man die intuitive, unbewusste Kompetenz bewusst verfeinern, um sie anschließend durch Training im Alltag wieder zu verinnerlichen.
Frage:
So gesehen ist es eine gute Idee, in der Kommunikation auf Geschichten zurückzugreifen. Allerdings ist es wohl ein Irrglaube, zu denken, es reiche aus, einfach eine Geschichte zu erzählen. Was unterscheidet in Vorträgen, Seminaren und Präsentationen eine gute von einer schlechten Geschichte? Was sind die Kriterien einer guten Geschichte? Oder anders gefragt: Was kann man beim Konzipieren oder Erzählen einer Geschichte falsch machen?
Meine Antwort:
Nach Bertolt Brecht besteht jede Geschichte aus einem Thema und einer Fabel. Das Thema ist die Antwort auf die Frage: „Worum geht es?“ Die zentrale Botschaft der Geschichte ist das, wozu man Menschen inspirieren und bestärken, berühren und bewegen möchte. Die Fabel hingegen ist die Handlung der Geschichte. Die Antwort auf die Frage: „Was geschieht?“ Je klarer das Thema der Geschichte zu der Zielsetzung des Vortrags, des Trainings oder der Wissensvermittlung beiträgt, desto besser funktioniert die Geschichte. Storytelling, am besten ordentlich mit Humor gewürzt, ist die Verpackung für Inhalt und Kompetenz – kein Ersatz dafür. Ein Abgleiten in Banalität und Oberflächlichkeit mag unterhaltsam sein, ist aber für Wissensvermittlung und Präsentationen nicht förderlich. Völlig kontraproduktiv wäre eine Ablenkung von der eigentlichen Botschaft des Trainings oder des Vortrags.
Meine Tipps für gute Geschichten:
- Vertrauensbasis schaffen:
Geschichten sind so wirksam, weil sie Kopfkino bei den Zuhörenden auslösen. Vorausgesetzt, dass diese sich darauf einlassen. Daher ist es wichtig, eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das gelingt am besten, indem man mit empfundener (!!!) Wertschätzung startet und die Menschen in ihrer Erfahrungswelt abholt. - Auf positive Emotionalität achten:
Geschichten leben von Sinnlichkeit und Emotionen. Sie schweben zwischen dem Hoffen und dem Bangen, dass der Protagonist sein Ziel erreicht. Wozu er immer Hindernisse überwinden und zentrale Konflikte überwinden muss. Der Rahmen, in dem die Geschichte handelt, sollte daher für die Teilnehmenden nachvollziehbar und wenn möglich mit positiven Gefühlen besetzt sein. So muss ich z.B. mit meinen Tauchgeschichten sorgsam umgehen, weil für viele Kopf-unter-Wasser mit negativen Emotionen verbunden ist. Mein Möglichkeits-Meer mit dem fröhlich-bunten Korallenriff weckt hingegen bei fast allen positive Assoziationen. - Auf die Erfahrungswelt des Publikums achten:
Der Rahmen, in dem die Geschichte handelt, sollte für die Teilnehmenden nachvollziehbar und wenn möglich mit positiven Gefühlen besetzt sein.
So sind mir Techniker:innen sehr dankbar, wenn ich in Trainings auf Geschichten aus meiner Zeit der Werkstättenausbildung zurückgreife. Weniger Technik-affine Menschen würde das hingegen abschrecken.
Ich habe einmal bei einem hochdotierten Keynote Speaker als Teilnehmerin erlebt, dass er zu fast ausschließlich Unternehmerinnen gesprochen hat. In seinem Vortrag sind jedoch Frauen nur auf den Ehemann wartend, Blumen empfangend und auf den Ehemann wartend vorgekommen. Er hat gar nicht mitbekommen vor wem er spricht und mit welchen Geschichten er sein Publikum in ihrer Erfahrungswelt trifft. Klar, dass das nicht klappen konnte und er augenscheinlich frustriert die Bühne verließ. - Fachliche Korrektheit:
Vorsicht ist auch geboten, wenn man Geschichten aus Fachbereichen erzählt, in denen man nicht sattelfest ist. Oben genannter Keynote Speaker hat auch im Brustton der Selbstgefälligkeit erzählt, dass Sonnenlicht durch eine Lupe gebrochen Feuer entfachen kann. Im Gegensatz zu Mondlicht, das dafür zu diffus ist. Wenn man Sonnenlicht noch mehr fokussiere, dann würde daraus Laser-Licht werden, mit dem man bekanntlich selbst härteste Stoffe hochpräzise schneiden könne. Die Botschaft war klar: Fokussiere dich auf das, was dir wichtig ist. Im Vertrauen habe ich ihm unter 4 Augen erzählt, dass seine Geschichte physikalisch völlig falsch sei. Mondlicht ist reflektiertes Sonnenlicht und Laser beruht auf ganz anderen Effekten als Fokussierung von Sonnenlicht. Als er sich meinen physikalischen Ausführungen nicht zugänglich erwies, habe ich selbst zu einer Geschichte gegriffen: Für Physiker:innen klängen seine Geschichten so, als würde er erzählen, dass ein Fuchs eine Häsin so lieb hatte, dass sie ein Rehlein gebahr. Er meinte nur selbstverteidigend, er werde die Geschichte weitererzählen, weil sie so schön sei und es die meisten ohnedies nicht verstünden.
Besonders gefährdet für diese Art pseudorationaler Vergleiche sind die Quantenphysik, die für alles Mögliche herangezogen wird oder Vergleiche aus der Biologie. Darum bin ich für das das Buch „Bullshit-Busters“ von Axel Ebert und Christoph Wirl so dankbar, weil es aufklärt und hilft, Spreu von Weizen zu trennen. - Je authentischer desto besser:
Besonders gut funktionieren Geschichten, die man selbst erlebt hat. Glaubwürdigkeit ist die Voraussetzung, um das vom Publikum entgegengebrachte Vertrauen und damit die Spannung und Aufmerksamkeit zu halten. Sie ist nur dann zu erzielen, wenn innere und äußere Haltung übereinstimmen. - Mit Humor würzen:
Am besten mit einer Schuss Selbstironie. Über sich selbst und die eigenen Hoppalas schmunzeln zu können, zeichnet einen Geschichtenerzähler in besonderer Weise aus. Da dienen dann Geschichten auch prima als ausgleichendes Ventil in der komplementären Beziehung zwischen Trainer bzw. Vortragenden und den Teilnehmenden. So erzähle ich z.B. häufig, dass ich irrtümlich eine Radtour für sportliche Radfahrer gebucht und diese auch mit eigener Muskelkraft gemeistert habe. Denjenigen im Publikum, die augenscheinlich konditionsstärker sind als ich, ist dies eine kleine Genugtuung. Bei den anderen wecke ich Mitfühlen. Beides funktioniert.
Ein no-go besteht darin, jemand anderen bloß zu stellen oder sich auf Kosten anderer Anwesenden oder Nicht-Anwesenden lustig zu machen. - Sich selbst zeigen:
Mit meinen eigenen Geschichten mache ich mich greifbar. Und meine Teilnehmer:innen können Vertrauen fassen und begreifen. Die sich in der deutschen Sprache ausdrückende enge Verbindung zwischen kognitiven und haptischen Aspekten unseres Lernens erfahren in der aktuellen Hirnforschung Bestätigung.
Protagonist:innen leben von Ecken und Kanten, Marotten und Zweifeln. Sie haben nicht nur Stärken sondern sind auch verletzlich. Ihre Gefühle und ihr Denken werden durch ihr Handeln sichtbar. Perfekte Held:innen sind auf Dauer langweilig. Und gegenüber „Teflon-beschichteten“ Menschen ist man auf der Hut. Poker-Faces kann man nicht einschätzen. - Spiel mit Erwartungen
Neugierde und Spannung entstehen durch Vorenthalten von Informationen. Wir wollen wissen, wie es weiter geht. Überlegen sie sich einen Einstiegssatz, der Aufmerksamkeit bewirkt und Lust darauf macht, weiter zu hören. Fangen Sie nicht am Anfang an sondern hüpfen sie mitten rein. Als ich 17 Jahre alt war, hat mir mein Vater begeistert aus dem Buch von Adolf Holl „Jesus in schlechter Gesellschaft“ vorgelesen: Heute weiß ich noch sinngemäß den 1. Satz: „Jesus wurde einige Jahre vor Christi Geburt geboren.“ Oder Dan Browns Krimi „Illuminati“ beginnt mit dem Unheil-verkündenden Satz. „Er roch verbranntes Fleisch. Sein eigenes.“ Das hat sich in mein Gedächtnis eingebrannt.
Beginnen Sie immer mit dem Zweitwichtigsten. Und lassen Sie sich mit dem Wichtigsten noch etwas Zeit. Rhetorische Fragen: „Was könnte noch wichtiger als das Zweitwichtigste sein?“ sind wirkungsvoller als direkte Ankündigungen. - Spannung braucht Widerstand
Als Physikerin habe ich eine positive Einstellung zu Widerstand. Ohne ihn könnten wir nicht gehen – was wir bei Glatteis schmerzlich zu spüren bekommen können. Und in elektrotechnischem Sinne ein Kurzschluss. Ein Erfolgsgeschichte, in der alles glatt geht, ist keine einprägsame Geschichte. Geschichten leben von einer entscheidenden Herausforderung und/oder einem zentralen Konflikt. Vermitteln Sie daher, warum es so wichtig ist, das Ziel zu erreichen. Je höher die Beträge sind, um die es geht, desto größer die Spannung. Worin besteht die Herausforderung, die es zu meistern gilt? Schildern Sie, warum es mehrere Anläufe braucht – zwischenzeitliches Scheitern inklusive – bis es endlich klappt. Lassen Sie Ihr Publikum mit Ihnen hoffen und bangen und dann über den Erfolg erleichtert freuen. Aristoteles nannte dieses Phänomen der Erleichterung durch die Erlösung aus der Spannung Karthasis: Sie putzt ordentlich durch! - Nur Präsens erzeugt Präsenz
Für Storytelling gilt in besonderer Weise „You go first!“ Erleben Sie JETZT die Geschichte und erzählen Sie dann, was sie JETZT erleben! Klar, dass Sie damit im Präsens erzählen, wie Sie sich die Frage stellen, woran es liegen kann, dass …
So bleiben Geschichten auch lange für Sie selber frisch: indem sie sie immer wieder neu holen und nicht bloß wiederholen.
Storytelling in einem Satz zusammengefasst:
„Jemand will etwas unbedingt erreichen
und stößt dabei auf Hindernisse.“
Frage: Wie kommt man zu einer guten Geschichte?
Meine Antwort:
In meinen Storytelling-Trainings empfehle ich den Teilnehmenden, dass sie Episoden im Alltag sammeln sollen. Damit schaffen sie sich einen Fundus aus dem sie schöpfen können. Neben dem beruflichen und familiären Umfeld eigenen sich besonders auch Freizeitaktivitäten als Fundus für spannende Geschichten, die Menschen inspirieren und bewegen.
Frage: Kannst Du uns ein Beispiel nennen, das aufzeigt, wie das Element des Geschichten-Erzählens zum Erfolg beigetragen hat?
Meine Antwort:
Während man bei Kindern hofft, dass sie beim Hören von Erzählungen allmählich ihre Augen schließen,
sind Geschichten für Erwachsene Augen öffnend und erhellend.
Neben der oben geschilderten einprägsamen Geschichte rund um die Normalverteilung haben mich folgende Wirkungen von Geschichten besonders gefreut:
Das vermutlich außergewöhnlichste Statement hat sie von einem ursprünglich kritisch-skeptischen Teilnehmer aus einem deutschen Konzern erhalten. Etwa ein halbes Jahr nach dem absolvierten Training schrieb er ihr ein euphorisches Mail:
„Während des Trainings habe ich als analytisch denkender Mensch gebraucht, mich an ihre Vortragsweise des Storytellings zu gewöhnen. Doch offensichtlich waren mir ihre Geschichten sehr einprägsam. Ich denke immer wieder an Sie und Ihre Methoden. Neulich in der Karibik schwammen wir relativ weit vom Segelboot, als wir plötzlich eine riesige Haiflosse sahen. An der Reaktion des Bootsführers erkannten wir, dass tatsächlich Gefahr in Verzug war. Es drohte Panik auszubrechen. Dank Ihrer Methoden des Entkatastrophisierens gelang es mir, Ruhe auszustrahlen. Mir wurde sofort klar, dass ich die 6 anderen Badenden zunächst auf einer Beziehungsebene einfangen musste, um sie dann auf der Sachebene davon abzuhalten, panisch zu einem der Boote zurückzuschwimmen und so den Jagdinstinkt des Hais zu wecken.
Ich habe es durch eine klare aber bestimmende Kommunikation geschafft, die Energie von sechs weiteren Menschen auf ein gemeinsames Ziel zu lenken und durch den gemeinsamen, festen Glauben an einen glimpflichen Ausgang diesen herbeizuführen. Wie auf wundersame Weise hielten sich 7 (!) Leute auf einer Doppelluftmatraze ruhig in Balance. Dort haben wir 2, 3 vielleicht auch 5 Minuten ausgeharrt, bis das Beiboot herunter gelassen und durch die Motorengeräusche den Hai verscheucht hatte.
Der Schreck saß uns noch den ganzen Nachmittag in den Knochen und alle Mitsegler wollten wissen, wie zum Teufel ich es geschafft hatte, lediglich durch Reden sämtliche Kräfte zu bündeln und eine Panik zu verhindern. Ich habe dann ein wenig Werbung für Ihr Seminar gemacht.“
Als begeisterte Taucherin freue ich mich natürlich ganz besonders, dass meine Methoden sharkproof sind und auch noch im Anblick eines Weißen Hais funktionieren.
Auf einem Kongress zum Thema IT-Security war die Zielsetzung für meinen Vortrag, den Security Verantwortlichen Tipps zu vermitteln, wie sie die Awareness und Akzeptanz für dieses Thema steigern können. Mein Vortrag startete mit einem idyllischen Foto einer Malediven-Insel. Um auszuführen, dass es mehr als 100 x wahrscheinlicher ist, von einer herunterfallenden Kokosnuss als von einem Hai getötet zu werden. Damit veranschaulichte ich, dass wir bei der intuitiven Einschätzung von Risiken durch irrationale Ängste verursachte Verzerrungen unterliegen. Viele Vortragende nach mir, griffen „grüne Kokosnuss statt weißer Hai“ als Metapher in ihren Vorträgen auf. In kürzester Zeit war es zu einem positiv besetzten Synonym für IT-Security geworden.
Zum Thema Risikobewusstsein erzählte ich auch diesen Witz, als Strategie sich Gehör zu verschaffen:
„Ein Mann springt aus dem 10. Stockwerk eines Hochhauses. Beim 2. Stockwerk winkt er hinein: „Ihr Risikomanager, nichts ist geschehen, 80 % überlebt.“ Im 1. Stockwerk: „90 % geschafft. Wann glaubt Ihr es endlich, dass Springen gefahrlos möglich ist?!?“ Wenige Zentimeter über dem Erdboden: „Geschwindigkeit ist geil!“ Wenn er nach der Landung noch sprechen kann: „Ich kann nichts dafür. Ohne Boden wäre es ein erfolgreicher Sprung gewesen. Den Boden haben andere gemacht.“
Diesen Witz habe ich auch schon sehr gerne vor der Finanzkrise von 2008 erzählt.
Der Fachbegriff dafür ist „Seeding-Story“: Beiläufig werden vorab Samen gesät. Sollte später jemand mit dem Killerargument „Es ist noch nie etwas geschehen!“ kommen, können Sie die Früchte greifen und locker „Springt jemand aus dem 10. Stockwerk.“ in Erinnerung rufen.
In Trainings zu Konfliktmanagement erzähle ich häufig aus der Theater-Arbeit. Authentische Menschen schauen durch die Augen der Figur auf das Thema des Stücks und vertreten die Interessen ihrer Rolle. Aus dem Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Interessen der einzelnen Figuren entsteht daraus eine Handlung. Daran anschließend appelliere ich: „Betrachten Sie Konflikte als Aufeinanderprallen von Interessen nicht von Menschen!“
Eine Abteilung von Projektmanagern hat mir erzählt, dass diese Geschichte aus einer anderen Welt nachhaltig ihre Sichtweise von Zusammenarbeit, Kommunikation und Konfliktmanagement verändert hat.
Ich habe für eine Einrichtung des öffentlichen Dienstes den Quick Scan der Business Excellence durchgeführt. Als wir zur Zusammenarbeit mit den Außenstellen kamen, intervenierte ich liebevoll verstörend: „Sie reden von Ihren Regionalstellen wie ein von mir betreuter Autoimporteur von den einzelnen Autohäusern.“ Zunächst hat dies Verwunderung bis Empörung ausgelöst. Dann habe ich erläutert, dass zunächst auch bei der Autozentrale die Pflichten im Vordergrund gestanden haben, die sie ihren „Lieferanten“ den einzelnen Autohäusern auferlegen wollten. Erst in einem allmählichen Prozess ist ihnen bewusst geworden, dass diese auch ihre „Kunden“ sind, die von der Zentrale zu Recht Services erwarten – als Voraussetzung für ihr erfolgreiches Business.
Das hat eingeleuchtet. Der Dienststellenleiter hat mir nach Jahren berichtet, dass dieser Vergleich in die Unternehmenskultur eingeflossen ist und immer wieder in der Zusammenarbeit mit den Regionalstellen zitiert wurde.
Wie schwierig es ist, einmal geöffnete Augen wieder zu schließen, verdeutlicht dieses Beispiel. Die Dramaturgie von Geschichten spitze ich häufig durch Wortspiele zu. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass viele von Ihnen offiziell „unselbständig Beschäftigte“ sind? Wenn man das wörtlich nimmt, weist man das entrüstet von sich. Kaiser Josef II soll noch gesagt haben: „Ich brauche keine Beamten, die mitdenken. Ich brauche Beamte, die die Pflicht erfüllen.“ Auch im klassischen Taylorismus gilt der Grundsatz: „Fragt nicht so viel. Macht. Überlasst das Denken uns.“ Übrigens selbst beim CEO steht das „E“ für Executive und nicht für Entrepreneuship.
Das habe ich auch in einem Training erzählt, an dem eine ORF-Sprecherin teilgenommen hat. Sie hat anschließend gestöhnt: „Monika, du hast mir einen Floh ist Ohr gesetzt. Wie soll ich jemals wieder unschuldig in Nachrichten von „unselbständigen Beschäftigten“ bei Arbeitsstatistiken sprechen.
Ich gestalte für die Deutsche Bundesbank Trainings „Storytelling: Next Level des Präsentierens“, damit sie volkswirtschaftliche Zusammenhänge und Analyseergebnisse prickelnder und spannender vermitteln. Schon in der Woche darauf erhielt ich das freudige Mail eines Teilnehmers: „Mir ist es gelungen aus statistischen Datenauswertungen gehobene Datenschätze zu machen. Nicht nur für mich sondern auch für meine Zuhörer war er überraschend positiv, wie komplexe Zusammenhänge sich viel prägnanter durch Geschichten verdeutlichen lassen.“
Meine Tochter hat Bauingenieurwesen an der Technischen Universität studiert. Für einen Vortrag „Faszination Bautechnik: Brücken spannen und Talsperren errichten“ hat sie sich von mir bzgl. Storytelling Tipps geholt. Sie hat dann Kindern aus der AHS Unterstufe den Malta-Staudamm vorgeführt. Der größte Österreichs. Auf der Folie standen die technischen Daten. Dazu hat sie den staunenden Kindern erzählt, dass der Malta-Staudamm so viel Wasser enthält, dass man die Großstadt Wien vom 1. Jänner bis zum 17. November eines Jahres versorgen können. So viel Wasser benötigt auch eine nicht nur hohe und breite sondern auch dicke Staumauer. Tatsächlich ist in der Staumauer des Maltatals so viel Beton verarbeitet, dass man eine 4-spurige Autobahn vom Stadtrand von Wien bis kurz vor Graz bauen könnte. Konkret bis nach Gleisdorf. Und dann hat sie mich zitiert mit „Druck ist Katzenpfote.“ Liegt die Katze flach auf dem Bauch, so empfinden das viele als angenehm. Wenn sie jedoch mit ihren Pfoten über den Brustkorb geht, tut das ordentlich weh. Kleine Pfote großer Druck.
Diese Geschichte habe ich als Beispiel einer Erläuterungsgeschichte in einem Training „Storytelling“ erzählt. Am nächsten Tag kommt eine Teilnehmerin ganz aufgeregt zu mir: „Bis gestern habe ich gewusst, dass ich Physik hasse und niemals in meinem Leben freiwillig an Physik denken werde. Heute liegt meine Katze auf meinem Bauch und mir fällt ein „Druck ist Katzenpfote.“ Tatsächlich hat sie diese Geschichte aus der Komfortzone in die Komm-Vor-Zone geschubbst. Schubbs heißt übrigens in der Physik offiziell Impuls. Zu Hause in Graz angekommen hat sie mir per Mail geschrieben: Natürlich habe ich in Gleisdorf an Sie, Ihre Tochter und den Maltastausee gedacht. Ein anderer Teilnehmer hat mir ein Foto einer frisch betonierten Kellerdecke geschickt – mit vielen Katzenpfoten-Abdrücken darauf. Offensichtlich hat diese Geschichte nachhaltige Anker gesetzt.
Hier der Artikel „Storytelling: Der Trend aus der Vergangenheit“ im Magazin Training
Auf Port41, der Plattform für Unternehmer:innen ist mein ähnlicher Beitrag
„Storytelling: mit einprägsamen Geschichten im Gedächtnis bleiben“
erschienen.
Wir veranstalten regelmäßig Trainings
„Storytelling: Next Level des Präsentierens
Mit Geschichten mitreißend präsentieren,
gewinnend argumentieren
& einprägsam erläutern“
Hier finden Sie die aktuellen Termine.
Über: Monika Herbstrith-Lappe
Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln
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