Anti-dichotomisches Denken:
Für einen Vortrag
„Kluge Selbststeuerung in den Strömungen der Pharmawelt:
vom Strömungstauchen für die Zeit der Umbrüche lernen“
hat mich die Veranstalterin als „Frau der Widersprüchlichkeiten“ anmoderiert.
Tatsächlich haben mich schon als Jugendliche die Ambiguitäten der Bilder von Escher und der Relativitätstheorie so fasziniert, dass ich mich für das Doppelstudium Mathematik und Physik entschieden habe: Die einen nehmen wahr, dass es früher, die anderen, dass es später und die dritten, dass es gleichzeitig geschehen ist. Und alle drei widersprüchlichen Wahrheiten sind wahr – jeweils im eigenen System der Wirklichkeit. Und die Quantenphysik ist vermutlich die effektivste Denkschule im Umgang mit Unterschiedlichkeiten. Die dichotomische Denkweise des Abendlandes unterscheidet in Richtig und Falsch, Gut und Schlecht, Stärken und Schwächen, Schwarz und Weiß. Das wird der Komplexität und Vielschichtigkeit unserer Gesellschaft nicht gerecht.
Perfektionismus killt Innovation: Es lebe die Kultur des Irrtums!
Unsere Gesellschaft und insbesondere unsere Bildungseinrichtungen streben Souveränität 1.0 an: „Sei perfekt!“ Fehlerfrei und makellos zu funktionieren ist gefragt. Alles zu können und alles zu wissen wird angestrebt. Dazu gesellen sich dann automatisch die weiteren Stressverstärker: „Sei stark!“ „Strenge Dich an!“ Und ja das gilt auch noch „Sei beliebt!“ Pausen zu machen – zum Nachdenken oder Regenerieren – gilt als Zeichen der Schwäche. Gilt doch auch der Appell: „Sei schnell!“ Weil das naturgemäß eine Überforderung darstellt, steht einerseits die Stressfalle weit offen. Pierre Franckh mahnt:
„Das größte Gefängnis für viele Menschen ist die Angst,
was andere über sie denken könnten.“
Das postfaktische Zeitalter hat dann den Anschein auf Souveränität perfektioniert. Als Taucherin formuliere ich augenzwinkernd: „Die Wirbellosen brauchen Außenschale.“ Ich meine natürlich z.B. Saepien.
Souveränität 2.0 für Standfestigkeit von Innen
Als mentale Orthopädin® bestärke ich einzigartige Menschen, sich aufrecht & aufrichtig in (berufliche) Gemeinschaften Sinn-voll und Ziel-strebig einzubringen. OrthopädInnen beschäftigen sich mit der Wirbelsäule, dem guten Stand und festen Gang, ich mit dem Rückgrat, der inneren Standfestigkeit und der mentalen Beweglichkeit. Das Fundament für nachhaltig-gesunde Schaffenskraft ist das Erfolgs-Dreieck:
Souverän 2.0 bedeutet stimmig inkl. Ecken und Kanten präsent zu sein – einerseits authentisch sowie andererseits rollenklar und angemessen für die Situation. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass FEHLER durch Vertauschen weniger Buchstaben zu HELFER wird und GESCHEITERT nur der Buchstabe „T“ von GESCHEITER unterschiedet. Bertrand Russell:
„Wer wirklich Autorität hat,
wird sich nicht scheuen, Fehler zuzugeben.“
Und Jürgen Schäfer hat im Buch „Lob des Irrtums“ geschrieben, was es alles ohne Irrtümer nicht gäbe. Dazu Samuel Becket:
„Ever tried. Ever failed. No matter.
Fail again. Fail better.“
Souveränität 3.0 für Pioniergeist und Innovation
100 %iges Funktionieren erweckt den trügerischen Anschein, als wären die 100 % fix. Genau das sind sie nicht. Eine chinesische Weisheit besagt:
„Besser auf neuen Wegen etwas stolpern
als in alten Pfaden auf der Stelle zu treten.“
Die Fehler des Tuns sind häufig viel schädlicher als die Fehler des Unterlassens. Eine Innovationskultur braucht eine Fehlerkultur. Dazu der Preisträger des Fields-Medaille Cédrik Villani:
„Man macht kaum Fortschritte, wenn man nicht akzeptiert,
sich einer Situation auszusetzen, in der man verwundbar ist.“
Um agil und wendig bei geänderten Umständen die Chancen zu nutzen und die Risiken zu meistern braucht es die Souveränität 3.0, die sich in der Haltung der „Erfahrenen AnfängerInnen“ äußert. Erfahrungsschätze sind wertvoll, wenn man sie mit der Bereitschaft Neues zu lernen kombiniert. Ansonsten werden sie zu einem belastenden und beengenden Korsett. So brauche ich als High Performance Coach andere Lösungsansätze als in der Mathematik und Physik. Meine Erfahrungsschätze des Perspektiven- und Koordinatenwechsels in der Naturwissenschaft kann ich dabei wunderbar nutzen, um im Coaching im sogenannten Reframing neue Sichtweisen zu erschließen.
Souveränität 4.0 im Umgang mit Ungewissheit
Heraklith hat noch gemeint:
„Beständig ist nur der Wandel.“
Doch der Wandel ist nicht mehr beständig sondern unterliegt selbst einem Wandel vom continous zum disruptive change. Zukunftsforscher Matthias Horx:
„Ich habe festgestellt,
dass die Menschen sich gar nicht wirklich für die Zukunft interessieren.
Sie interessieren sich eher für die Verlängerung der Vergangenheit ins Morgen.
Genau das aber hat die Zukunft nicht im Programm.“
Als Statistikerin blutet mir das Herz, dass so häufig beschreibende Statistik über die Vergangenheit mit schließender Statistik für die Prognose der Zukunft verwechselt wird. Umbrüche stellen Singularitäten dar, die sich der Berechenbarkeit entziehen. Daher gilt jetzt:
„Gewiss ist nur die Ungewissheit.“
Martin Gutl beschreibt, was ich mit meinem Konzept Souveränität 4.0 verbinde:
„Selbst ratlos sein und doch viele beraten können.
Selbst gebrochen sein und doch vielen als Halt dienen.
Selbst Angst haben und doch Vertrauen ausstrahlen. Das alles ist Menschsein, ist Leben.“
Dafür bestärkt mich Robert Musil:
„Wir irren vorwärts.“
Kluge Selbststeuerung bei starken, tlw. gefährlichen Strömungen
Gegen Strömungen ankämpfen ist eine sinnlose Kraftverschwendung, bei der man leicht außer Atem gerät. Viel klüger ist es, sich auf die Kräfte einzustellen. Eine schöne nur scheinbare Paradoxie: Je mehr Fremdbestimmtes sich unserem Einfluss entzieht, desto wichtiger ist die Selbststeuerung. Meine Lieblingswidersprüchlichkeit ist übrigens: „Wir sollten Humor viel ernster nehmen.“ Denn Humor ist ein wunderbarer Stoßdämpfer des Lebens. In unserer Familie gilt die Devise: Irgendwann finden wir es lustig, dann können wir doch gleich darüber lachen. Entwickeln Sie einen Sinn für die Pointen der überraschenden Wendungen des Lebens.
Dieser Blog habe ich anlässlich meiner Keynote zur Verleihung
„Der Wandel des Wandels – Souverän 4.0 agieren“
zur Verleihung des „science2business Award / Janssen Special Award“ im Rahmen der life-science-success 2018 geschrieben.
Nähere Informationen finden Sie hier.
Im Vorfeld hat Gisela Zzechner, Gründerin und Geschäftsleiterin von life-scince hat im Vorfeld ein Karriere-Interview mit Monika Herbstrith-Lappe geführt.
„NaturwissenschafterInnen denken anders“
Dieses können Sie hier lesen
Über: Monika Herbstrith-Lappe
Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln
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