Kinder in der Volksschule haben es bereits verinnerlicht: „Verbesserung“ ist das, was man schreiben muss, wenn man bei der Ansage Fehler gemacht hat. Da es öd ist, dreimal untereinander das Wort des Anstoßes zu schreiben, trachtet man, die Verbesserung möglichst schnell hinter sich zu bringen. Kein Wunder, dass MitarbeiterInnen nicht spontan in Freude ausbrechen, wenn sie vom Kontinuierlichen Verbesserungsprozess hören. Feed-back, was man noch besser machen könnte, wird automatisch mit Kritik gleichgesetzt und löst oft die Reaktion der Rechtfertigung („Warum, das ist ja ohnedies gut …“) aus. Wir haben verdrängt, dass „Besser“ eindeutig von „Gut“ und nicht
von „Schlecht“ kommt.
Perfektionismus killt Verbesserungsbereitschaft
Unsere Kultur ist geprägt vom Streben nach Perfektion, 100 % sind das Ziel. Dass wir uns noch verbessern können, ist in diesem Weltbild ein Eingeständnis der Unzulänglichkeit. Außerdem ist es klar, dass die Annäherung nur ein asymptotischer Prozess sein kann, der umso mühsamer wird, je näher wir uns der magischen 0-Fehler-Marke nähern. Die Vorstellung klingt nach Sisyphus! Diesem Denkmuster liegt der wesentliche Irrtum zu Grunde, dass die Anforderungen vorgegeben sind und damit eindeutig sei, was als richtig und falsch zu werten ist.
Tatsächlich ist z.B. jede Kreiswelle eine perfekte, runde Sache und kann sich dennoch zu Größerem weiterentwickeln. Wir leben in einem dynamischen Umfeld. Es gilt Trends und zukünftige Anforderungen rascher als der Mitbewerb zu erkennen, die eigenen Stärken so zu fokussieren, dass die innere Weiterentwicklung den äußeren Veränderungen gerecht wird, vielleicht sogar Vorteile aus den immer auch vorhandenen Chancen zu ziehen.
Auf geändertes Umfeld einstellen
Wir sollten Abschied nehmen vom Traum des statischen Gleichgewichts, wo man es endlich geschafft hat und zur Ruhe kommen kann. Anzustreben ist die dynamische Balance, in der sich die kontinuierliche Verbesserung zur Selbstverständlichkeit eingespielt hat.
„Die meisten Unternehmen scheitern nicht daran,
weil sie die falschen Dinge tun
sondern weil sie die richtigen Dinge zu lange tun.“
Yves Doz
Vorbildfunktion der Führungskräfte
Welche Voraussetzungen gilt es zu schaffen, damit Fehler als Chance, Probleme als Herausforderungen und (Ziel-)Konflikte als kreativer Prozess wahrgenommen werden können? Die zentrale Rolle spielen auch in diesem Veränderungsprozess die Führungskräfte. Die Skepsis der Führungskräfte spiegelt sich immer wieder in den Widerständen der MitarbeiterInnen wider. MitarbeiterInnen spüren intuitiv ganz genau, worauf „wirklich“ Wert gelegt wird. Lippenbekenntnisse, Halbherzigkeiten und doppelbödige Botschaften werden messerscharf enttarnt.
Mit „Wirkungsvollen Coachingtechniken“ lenkt man die eigene Energie und die der MitarbeiterInnen
- vom Problem zur Lösung,
- vom Defizit zu den Möglichkeiten,
- von der Wertung zu den Funktionalitäten.
Wenn sich Führungskräfte vor allem über ihre herausragende Fachkompetenz definieren, wird es für sie ein zweischneidiges Schwert, das kreative Potenzial und die Lösungskompetenz der MitarbeiterInnen zu fördern. Wissen und Information wird so häufig zum Machtfaktor. Der ständige Verbesserungsprozess kann dann sogar als bedrohlich erlebt werden. ManagerInnen als Coaches und MentorInnen definieren hingegen ihre Leistung über den gemeinsamen Erfolg des von Ihnen geführten Teams.
Perspektivenwechsel
Diese Veränderung des Blickwinkels schafft gemeinsames Interesse am Verbesserungsprozess. Das Visualisieren erzielter Verbesserungen und die Freude über erreichte Ziele aktivieren die Energie, die man benötigt, um neue Herausforderungen zu bewältigen.
Sprache schafft Wirklichkeiten: Konstruktiver Umgang mit Kritik beim Aufzeigen von Fehlern, Problemen und Verbesserungspotenzialen wird zur Schlüsselqualifikation im Verbesserungsprozess. Systematisiertes Feed-back, das klar in der Sache und freundlich in der Form vermittelt wird, ist der Nährboden zum Steuern und Weiterentwickeln der eigenen Leistung. Es gilt, das vertraute Muster von „Angriff und Verteidigung“ zu Gunsten des respektvollen Austausches unterschiedlicher Sichtweisen zu verlassen. In der Auseinandersetzung mit anderen entsteht Erkenntnis.
„Mit einem Menschen, der nur Trümpfe hat,
kann man nicht gut Karten spielen.“
Christian Friedrich Hebbel
Motivation ohne Kommunikation ist Illussion
Die Ideen aller MitarbeiterInnen und von Verbesserungsteams bilden das Herzstück des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. Im Taylorismus sind Arbeiten sinnentfremdend zerstückelt worden. Jetzt gilt es wieder sichtbar zu machen, welche Beiträge die einzelnen MitarbeiterInnen zum Gesamtergebnis liefern. Mitdenken ist wieder erlaubt, ja sogar erwünscht und gefordert.
Es gilt:
„Mangelnde Kommunikation ist mangelnde Wertschätzung.“
Qualität der Information und Kommunikation sind die Voraussetzung. Das Vertrauen in die eigenen Kritik- und Lösungsfähigkeiten muss wieder geschaffen werden. Gestaltungsmöglichkeiten und Wertschätzung sind Anreize, die ermutigen, Lösungsideen zu entwickeln. Das vielgehörte Stammtischraunzen: „Wir wüssten eh, aber uns fragt ja keiner!“ sollte dann der Vergangenheit angehören.
P.S.: Zum Glück gehört auch der Ausspruch „Aber Oma, zum Lernen ist man nie zu alt.“ zum Repertoire von Kindern. Das Ziel, dass SchülerInnen in der Schule Lernen lernen und Freude am Wissenszuwachs erfahren, findet in unseren Schulen nach und nach Einzug.
PPS: Der kontinuierliche Verbesserungsprozess in der Literatur mit den Worten von Rainer Maria Rilke:
„Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die über die Dinge zieh’n.
Den letzten werd’ ich vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.“
Über: Monika Herbstrith-Lappe
Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln
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