„Soll ich oder soll ich nicht?“
Das eigene (berufliche) Leben zu gestalten bedeutet Entscheidungen zu treffen. Das ist immer mit der Ungewissheit zukünftiger Entwicklungen verbunden und damit mit Risiko behaftet. Wie kann man Veränderungsängsten mutig begegnen und Risiken angemessen absichern? Wie kann man lähmende Zweifel überwinden? Entscheiden heißt immer auch loszulassen, denn ich kann mich nie nur FÜR das Eine sondern muss mich immer auch gegen das Andere entscheiden. Was erleichtert die Auswahl der stimmigen Option? Und dann gibt es da noch das irritierende Umfeld: Wie kann ich sinnvolle Anregungen von gut-gemeinten Rat-Schlägen unterscheiden und Unkenrufe abperlen lassen? Die gute Nachricht: Die nächste positive Veränderung ist nur eine Entscheidung von Ihnen entfernt.
Was im Leben wirklich wichtig ist
„Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.“ steht laut Bronnie Ware, Autorin des Buches „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ an der Spitze dessen, was Menschen am Totenbett bereuen. Umgekehrt ist der vorausschauende Rückblick: „Wie möchte ich in Dankbarkeit auf ein erfülltes Leben zurückblicken?“ der entscheidende Perspektivenwechsel, um zu erkennen, was im Leben wirklich wichtig ist.
Mein Leben FÜHREN
Warum gelingt es vielen Menschen nicht, ihr eigenes Leben zu leben? Einerseits ist die Angst, was andere über uns denken, das schlimmste selbstgezimmerte Gefängnis. Vor lauter Sorge, in den Augen anderer zu missfallen, werden wir uns selbst untreu. Vor lauter tatsächlich gehörten oder nur vermuteten äußeren Unkenrufen hören wir nicht mehr die eigene innere Stimme. Oder wir nehmen sie zwar noch wahr und schenken ihr jedoch kein Gehör.
In einem Karriere-Interview hat mich der Journalist Paul Jetzek, Medianet, gefragt „Was ist für die Karriere wichtig?“ Meine Antwort: „Die heilsame Frage: ‚Was heißt Erfüllung und Erfolg für mich?‘ vom krankmachenden Doppelgänger zu unterscheiden: ‚Was gilt in unserer Gesellschaft als Erfolg?‘ Achtung: Von innen wird ein Hamsterrad leicht mit Karriereleiter verwechselt. So brennt man aus.“
„Lebst du oder wirst du gelebt?“ ist die wichtigste „Sickerfrage“, die Sie sacken lassen können, um immer wieder darüber zu reflektieren, wer gerade die Richtung Ihres Lebens bestimmt. Ich ermutige Sie:
„Sei das 5. Rad am Wagen. Das Lenkrad.“
Wem, wenn nicht Ihnen steht es zu, Ihr Leben in die Hand zu nehmen und zu steuern. Nehmen Sie Lebens-FÜHRUNG wörtlich. Wenn im Volksmund das „5. Rad am Wagen“ nicht so gut besetzt ist, so ist diese Doppeldeutigkeit meinerseits erwünscht. Ich lade Sie ein, haben Sie den Mut eigen-SINNig und (mir-)eigen-artig zu sein, denn das ist viel sinnvoller als fremdgesteuert zu leben – auch wenn das andere eigensinnig oder eigenartig finden. Der weitverbreitete Stressverstärker „Sei beliebt! Mach es allen Recht!“ führt dazu, dass wir immer wieder Verrat an uns selbst begehen.
Siehe auch mein Blog „Beherzt mein Leben gestalten. Unerfreuliches weniger zu Herzen nehmen.“
Den eigenen Sinn finden
Wer kennt sie nicht, die zweifelnd suchende Frage „Warum tue ich mir das an?“ Eine chinesische Weisheit besagt:
„Grabe den Brunnen bevor du Durst hast.“
Sich die brennende Frage in einer Sinnkrise zu stellen führt zu einem weiteren Abwärtssog. In guten Zeiten die Frage des „WOFÜR mache ich das?“ zu stellen. ist dagegen höchst zielführend. Helmut Walters:
„Häufig leidet man daran, dass man zwar viel Arbeit, aber keine Aufgabe hat.“
Und wieder ist die deutsche Sprache sehr weise:
„Denn wo deine Gaben, liegen auch deine Auf-Gaben.“
Wenn es nach mir ginge, hinge in jeder Bildungseinrichtung der Spruch:
„Nutze die Talente die du hast.
Die Wälder wären sehr stumm, wenn nur die hochbegabten Vögel sängen.“
„In welchem Umfeld kann ich meine Potentiale bestmöglich entfalten und verwirklichen?“ und „Welchen Nutzen für andere kann ich mit meinen Stärken, Kompetenzen und Erfahrungen bewirken?“ sind die beiden Leitfragen, um die eigene Mission zu finden. Das gibt dann den Lebensentscheidungen eine Orientierung: „Inwiefern bringt mich das Eine oder das Andere in Bezug auf meine großen Ziele weiter?“
Beherzte Entscheidungen treffen
Zu mir kommen häufig Menschen klagend ins Coaching: „Mir geht es schlecht. Ich kann mich nicht entscheiden.“ Ich drehe dann den Spieß um und gratuliere: „Offensichtlich haben Sie mehrere gute Möglichkeiten.“ Genau das macht Entscheidung häufig fordernd, dass wir aus mehreren Optionen eine auswählen sollen – und damit automatisch die anderen abwählen. Letzteres wollen wir nicht. Weil wir uns nicht GEGEN Alternativen entscheiden wollen, können wir uns auch nicht FÜR eine andere Sache entscheiden. Doch Achtung:
„Wer immer alle Türen offenhalten möchte,
wird sein Leben auf dem Flur verbringen.“
N.N.
Da wird dann Karl Kafkas Spruch zutreffend:
„Je länger man vor der Tür zögert, desto fremder wird man.“
Überfällige Entscheidungen kosten enorm viel lähmend wirkende Energie und führen häufig in die Depression. Was ist hilfreich, um aus dieser misslichen Lage zu kommen?
10 Tipps für stimmige Entscheidungen
- Man kann sich nicht nicht entscheiden. Denn sich nicht bewusst zu entscheiden, bedeutet sich unbewusst dafür zu entscheiden, es zu belassen wie es ist. Dann führen Sie Ihr Leben nicht sondern Sie lassen sich vom Leben treiben. Von daher macht es Sinn, sich bewusst zu entscheiden, wann Sie sich die Entscheidungsfrage erneut stellen wollen. Wer den Mut zur Entscheidung aufgebracht hat, kennt vermutlich den Effekt, wie viel positive Umsetzungsenergie man plötzlich hat, wenn das Damoklesschwert der schwelenden Entscheidung nicht mehr über einem hängt.
- Verabschieden Sie sich von der Idee, dass Entscheidungen richtig oder falsch sind. Entscheiden heißt Vor- und Nachteile abzuwägen. Meist führen mehrere Wege nach Rom. Es ist gar nicht so wesentlich für welchen Weg sie sich entscheiden. Wichtig ist, dass sie in die Gänge kommen und den Weg für den Sie sich entschieden haben, mit ganzem Herzen zu gehen. Anleitung zum Unglücklichsein wäre, sich für das Eine zu schielen und dann immer nur auf die Vorzüge der Alternative zu schielen.
- Häufig ist es gar nicht so, dass es nur das Eine oder das Andere gibt. Tatsächlich sind die Ja/Nein-Entscheidungen, die schwierigsten, die leicht ins wörtlich zu nehmende Di-Lemma führen – 2 Alternativen zwischen denen es so schwer fällt zu wählen. Im systemischen Ansatz, gibt es das Entscheidungs-Tool Tetralemma. Am wirkungsvollsten mit einem Coach entscheidet sich der Coachee eigenständig dafür, was für ihn/sie „das Eine“ und „das Andere“ ist. Dann lässt man nachfühlen, welche die jeweiligen Optionen für die Gegenwart, für die nahe und fernere Zukunft sowie die Totenbett-Perspektive bewirken. Zum Tetra-Lemma wird es durch zwei weitere Optionen, nämlich „Das Eine und das Andere“ und „Weder das Eine noch das Andere“. Und als Jolly Joker gibt es dann noch „Das ganz Andere“, an das man häufig vordergründig gar nicht gedacht hat.
- Bereiten Sie für Ihre Entscheidung eine solide Entscheidungsbasis vor. Wenn Sie ein Unternehmen gründen wollen z.B. einen Business-Plan. Und dennoch: Entscheidungen werden letztendlich immer emotional getroffen. Neurobiologisch ist das in unserem Hirn so verankert. Vertrauen Sie Ihrer Intuition und hören Sie auf Ihre innere Stimme. Häufig wissen wir im inneren schon, was wir wollen, getrauen uns jedoch nicht, es auch bewusst an die Oberfläche zu bringen. „Ich leben die Antworten meiner Suche.“ habe ich schon vielen meiner KlientInnen als Appell mitgegeben, um sich die eigenen schon vorhandenen Erkenntnisse auch bewusst einzugestehen. Heinrich Heine beschreibt in seinem Aufsatz „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“ das Aussprechen von empfundenem Gedankengewirr Ordnung ins Denken bringt. Ein Coach macht dies mit professionellen Methoden. Wenn FreundInnen Gehör schenken, bringt das auch wesentliche Klarheit. Diese sollten sie dann bitten, dass sie wirklich nur zuhören und nicht ihre eigenen Gedanken, Zweifel, Befindlichkeiten, Hoffnungen etc. in ihre Gedankengänge einbringen.
- Veränderungen sind evolutionsbedingt mit Ängsten verbunden. Und Entscheidungen haben es an sich, dass Sie die Zukunft betreffen und damit mit viel Ungewissheit verbunden sind. Unsere Fähigkeit zur (Vor-)Freude hilft uns, uns den Ängsten zu stellen und diese zu überwinden. Siehe auch mein Blog: „Angst vor dem Scheitern? Gefahren beherzt und umsichtig begegnen!“
- Im militärischen Führungsverfahren wird dem Entscheidungsprozess zentrale Bedeutung zugemessen. Leitfragen: „Was weiß ich und was weiß ich nicht?“ „Was kann ich beeinflussen und was entzieht sich meinem Einfluss?“ Klug ist es, sogenannte robuste Entscheidungen zu treffen, die zwar unter günstigen Bedingungen nicht zu den allerbesten Ergebnissen führen, dafür aber weniger auf negative Störeinflüsse reagieren. Die Schwedische Weisheit „Auf das Beste hoffen, auf das Schlimmste gefasst sein und es nehmen, wie es kommt.“ ist eine hilfreiche Devise.
- Identifizieren Sie sich mit der von Ihnen getroffenen Entscheidung – z.B. indem Sie sich immer wieder in Erinnerung rufen, welche Vorzüge beim Abwägen Ihrer Alternativen Sie bewogen haben, genau diese Wahl zu treffen. Der Preußen-General Freiherr Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein hat schon gemahnt: „Hüte dich vor dem Entschluss,
zu dem du nicht lächeln kannst.“ Auch zum Thema „Beflügelnde Ziele, damit Ihr Business so richtig abhebt!“ können Sie einen Blog von mir nachlesen. Jeder Erfolg beginnt mit dem Entschluss des Handelns. - „Wer schreibt, der bleibt. Wer net, der geht.“ besagt eine alte Bauernregel. Dokumentieren Sie daher die wesentlichen Annahmen und Überlegungen, die Sie zu dem Schluss kommen lassen, dass die Vorzüge der gewählten Lösung die Nachteile überwiegen und den Einsatz rechtfertigen. Es ist sinnvoll in gewissen zeitlichen Abständen die getroffene Entscheidung zu reviewen und zu reflektieren, ob geänderte Rahmenbedingungen eine Richtungskorrektur sinnvoll oder sogar erforderlich machen.
- Stellen Sie sich taub gegen zweifelnde Unkenrufe aller Art aus Menschen in Ihrem Umfeld, die es durchaus gut mit Ihnen meinen. Vielleicht wollen Sie prominent ein Plakat posten: „PLEASE DO NOT FEED THE FEARS!“ Sie können die gute Absicht würdigen, dass anderen augenscheinlich Sie und Ihr Wohlbefinden so wichtig sind, dass sie sich Gedanken machen. Es wäre Ihnen ja auch nicht Recht, wenn es den anderen ganz egal wäre, wie es Ihnen ergeht. UND bitten Sie, dass andere Ihre Entscheidungen respektieren. Beachten Sie auch, dass Neid eine verkrüppelte Form der Wertschätzung ist, im Sinne der Wiener Volksweiheit: „Mitleid bekommt man umsonst. Neid muss man sich verdienen.“ Mark Twains Empfehlung teile ich: „Halte dich fern von jenen, die deine Lebensträume schlecht reden. Kleine Leute tun das andauernd. Wirklich große Menschen sorgen dafür, dass du daran glaubst,
ebenfalls groß zu werden.“ - Differenzieren Sie zwischen Rat-Schlägen und inspirierenden Anregungen. Das einfachste Erkennungsmerkmale der emotionalen Ohrfeigen der Besserwisserei ist, dass bei ihnen mitschwingt: „Das einzig Wahre für dich ist …“ und „Ich weiß, was für dich gut ist.“ In der Psychologie nennt man so etwas symbiotischen Machtübergriff: Man schließt von sich auf andere ohne die Einzigartigkeit der verschiedenen Menschen zu würdigen und es ist auch eine Grenzverletzung, weil der Ratschlagende nicht respektiert, dass die Entscheidung bei jedem selbst liegt. „‘Lass dir aus dem Wasser helfen oder du wirst ertrinken‘, sprach der Affe. Und setzte den Fisch auf den sicheren Baum.“ verdeutlicht, was für den einen die stimmige Lösung kann für den anderen völlig daneben sein. Anregende Impulse hingegen erschließen Möglichkeiten, beschreiben ähnliche Situationen, wo man hinschauen kann, sich das Eine nimmt und das Andere lässt. Sie führen dazu, dass man selbst durch neue Perspektiven neue Sichtweisen und Lösungsansätze gewinnt.
Auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren
Im Nachhinein wirkt es manchmal als Fehlentscheidung. Doch seinerzeit hatte man gute Gründe, sich so zu entscheiden, wie man sich entschieden hat. Gegen das Killerargument von außen oder auch von sich selbst: „Warum hast du damals nicht …“ hilft der augenzwinkernde Aphorismus von Ernst Ferstl „Das man es schon immer gewusst hat, weiß man erst im Nachhinein.“ Oder mit den Worten des Philosophen Søren Kierkegaard „Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden“. Beachten Sie, dass GESCHEITERT nur der Buchstabe T von GESCHEITER trennt – Reflexionsbereitschaft vorausgesetzt: „Was lerne ich daraus und was mache ich ab jetzt anders, um noch zielführender zu agieren?“ Jede Entscheidung birgt das Risiko, dass Rahmenbedingungen der Zukunft anders sind, als wir sie in der Entscheidungsgrundlage angenommen haben. Doch ein irisches Sprichwort ermutigt, das Wagnis des Neuen einzugehen: „Ein Mensch, der sein Leben so einrichtet, dass er niemals auf die Schnauze fällt, kriecht nur noch auf dem Bauch herum.“ Halten Sie es daher mit Robert Musil: „Wir irren vorwärts.“ So gesehen ist jede Entscheidung ein Gewinn in Ihrer Lebensführung: Entweder die Entscheidung führt zum angestrebten (materiellen oder immateriellen) Gewinn oder sie gewinnen Erfahrungen.
Diesen Blog habe ich anlässlich der Franchise Messe 2018 verfasst: „Mut zur Entscheidung“
Über: Monika Herbstrith-Lappe
Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln
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