Angst ist evolutionspsychologisch bedingt eines der mächtigsten Gefühle. Sie soll uns vor Gefahren schützen und damit unser Überleben sichern. Doch mittlerweile ist der Affekt der Angst zwar immer noch ein wertvoller Impuls-Geber „Gefahr in Verzug. Tue etwas!“ doch ein schlechter Ratgeber. Denn Angst aktiviert Überlebensprogramme für die Steppe. Das Überleben in der Business-Welt benötigt aber andere Strategien. In kritischen Situationen trennt sich Spreu von Weizen. Seneca bringt es auf den Punkt:
„Den guten Steuermann lernt man erst im Sturme kennen.“
Wie kann man sturmfest agieren, entmutigenden Ängsten begegnen und lähmenden Zweifeln gegensteuern?
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Stellen Sie sich Ihren Ängsten!
„Sei stark!“ ist ein weitverbreiteter Stressverstärker. Feigheit gilt nicht nur bei Männern als Zeichen der Schwäche. Ängste werden daher häufig verdrängt. Das macht leichtsinnig. So ist bei Männern zwischen 20 und 60 Unfalltod – meist ohne Beteiligung anderer – Todesursache Nummer 1. François Mitterrand
„Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben,
sondern diese Angst zu überwinden.“
Ja, es braucht Größe und Stärke, sich vor sich selbst und anderen zu seinen Ängsten zu bekennen. Häufig erntet man dann ein erleichterndes „Oh, dann kann ich dir ja sagen, dass ich diese Furcht auch kenne.“
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Hüten Sie sich vor übertriebenen Sorgen!
Evolutionspsychologisch betrachtet ist das Empfinden von Angst der Preis für unsere Fähigkeit nicht nur Gegenwart sondern auch Zukunft zu denken. So malen wir uns aus, was alles passieren könnte. Angst ist eine negative Vision, die Schattenseite unserer Fantasie und Vorstellungskraft. Eine Volksweisheit besagt:
„Wenn Vorfreude die schönste Freude ist,
so ist Vorangst die schlimmste Angst.“
Ich weiß noch, wie ich mich vor dem Aufwand, bei einer Steuerprüfung alles belegen und rechtfertigen zu müssen, lange Jahre gefürchtet habe. In der Zwischenzeit wurde ich mehrfach geprüft. Und es hat gar nicht weh getan. Der russische Volksmund empfiehlt:
„Schau der Angst in die Augen
und sie wird zwinkern.“
Und der Staranwalt Stern hat besorgten KlientInnen augenzwinkernd geantwortet:
„Ich möchte einen Vorschuss auf Ihr Honorar
und nicht auf Ihre Sorgen.“
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Risikobewusst agieren statt angstgetrieben reagieren
Es ist hundertmal wahrscheinlicher, von einer Kokosnuss erschlagen als von einem Hai gebissen zu werden. Dennoch hat der Hai ein Monster-Image und empfinden wir Kokospalmen als idyllisch. Wir nutzen das rundliche Nilpferde als bedrohlich und das Krokodil wird schon im Kasperltheater als Feind stigmatisiert. Doch das Nilpferd ist das wesentlich gefährlichere Tier. Das Gefährlichste am Fliegen ist ½ Stunde Autofahrt zum Flughafen. Einige von zahllosen Beispielen, wo wir mit der Einschätzung von Risiken falsch liegen. So sehr ich sonst meiner Intuition vertraue: Beim Einschätzen von Risiken ist sie denkbar ungeeignet. Fundieren Sie daher Risikoeinschätzungen immer mit möglichst objektiven Fakten. Hinterfragen Sie Ihre subjektiven Einschätzungen immer wieder kritisch: „Worin konkret besteht die Gefahr?“ „Ist es wirklich so?“ „Könnte man es auch anders sehen?“ Wenn wir uns in ein Problem verbeißen, verstellt schon relativ harmlos Kleines unser Blickfeld für Lösungen. Hilfreich zum Reflektieren sind daher auch etwas Abstand und Perspektivenwechsel. Dazu dienen die Nachdenk-Fragen: „Wie werde ich in einiger Zeit auf diese Episode blicken?“ „Wie würde jemand anderer die Situation einschätzen?“ „Was würde ich FreundInnen in dieser Lage empfehlen?“ Mit der letzten Frage nutzen Sie den sicher auch Ihnen erlebten Effekt, dass wir bei FreundInnen viel kompetenter und kreativer in der Lösungsfindung sind als bei uns selbst.
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Entkatastrophisieren Sie kritische Situationen
„Don’t panic! Egal was passiert, Ruhe bewahren!“ ist eine zentrale Lektion beim Tauchen. Panik würde sich unter Wasser im Teufelskreis zur Katastrophe steigern. Das gilt auch im „trockenen“ Geschäftsalltag. Beim Tauchen gilt es ruhig weiter zu atmen, denn der Reflex des Hyperventilierens würde zu einer Verkettung tragischer Ereignisse führen. Sorgen Sie auch ober Wasser für langen Atem. Das funktioniert am besten mit langem Ausatmen. Darin beruht übrigens auch die entspannende Wirkung des Rauchens. Sie können diesen Effekt auch ohne Nikotin nutzen. Dann versorgen sie zusätzlich der Hirn mit viel frischem Sauerstoff.
„Was kann schlimmstenfalls passieren?“ führt fast immer zu der Erkenntnis, dass KEIN Menschenleben auf dem Spiel steht. „Ich muss unbedingt, weil sonst …“ führt in die beengende Angst. Mit dem Gedanken: „Mir ist es ganz wichtig. Daher werde ich alles daransetzen, damit…“ bleiben Sie denk- und handlungsfähig. Die schwedische Weisheit
„Auf das Beste hoffen,
auf das Schlimmste gefasst sein
und es nehmen wie es kommt.“
fasst die Prinzipien der Resilienz, d.h. der psychologischen Überlebensfähigkeit zusammen.
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Agieren Sie mit Sicherheitsnetz
Unter Stress und Angst starren wir wie gebannt auf die Unmöglichkeiten. Wir rütteln an der verschlossenen Tür und übersehen, dass gleich um die Ecke ein Fenster zum gefahrlosen Rausklettern offen gestanden hätte. Achtsamer Rundumblick wäre viel förderlicher. Eine deutsche Volksweisheit besagt:
„Fehlt es dir am Winde,
so greife zum Ruder.“
Wenn der Plan A nicht aufgeht, gibt es auch noch einen Plan B und im Notfall geht das Alphabet bis Z. Nach einer Knieoperation bin ich doch nicht so rasch auf die Beine gekommen, wie ich sportlich-ehrgeizig erhofft hatte. Angst überschlich mich, ob ich rechtzeitig wieder so mobil würde, um eine Klausur zu gestalten, die mir als Unternehmerin sehr wichtig war. Ich habe mir einen Rollstuhl ausgeliehen, um notfalls sitzend agieren zu können. Mein Popo hat den Rollstuhl nicht berührt. Dennoch war die Leihgebühr Goldes Wert: Im Wissen, um den guten Plan B und damit ohne die bedrückende Angst konnte ich viel leichter die Kraft aufbringen, um mit Krücken zu gehen.
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Die Macht der selbsterfüllenden Prophezeiung – die Richtung ist entscheidend!
Das Wissen, dass es einen Plan B gäbe, macht es unwahrscheinlicher, dass man diese Alternative benötigt, weil es die Angst vor dem Scheitern nimmt und sie die Erfolgschancen von Plan A steigert. Es empfiehlt sich auf den Volksmund zu hören:
„Wie man mit Mut verwirklicht, was man erhofft,
so verwirklicht die Angst, was man befürchtet.“
Darum ist es auch so kontraproduktiv, einem Kind zuzurufen „Stolpere nicht!“ oder „Lass das Glas nicht fallen!“ Émile Coué hat als erster den Placebo-Effekt beschrieben: die heilsame Wirkung des Glaubens an die Heilung. Die Umkehrung davon ist der Nocebo-Effekt: Ich glaube an den Schmerz und erlebe es schmerzlich. Beim Fahrsicherheitstraining lernt man, dass man nie das Hindernis, sondern die sichere Spur am Hindernis vorbei im Blick haben soll. Sich vor dem Absturz zu fürchten, ist kontraproduktiv und gefährlich. „Der Grat ist schmal. Jetzt ist wichtig, dass jeder Schritt sitzt. Meine volle Aufmerksamkeit gilt meiner Trittsicherheit.“ ist der zielführende Gedankengang. Dem Kind sollte man daher zurufen: „Jetzt ein großer Schritt! Beine ganz hoch haben!“ oder „Bitte halte das Glas fest! Hier kannst du es sicher abstellen.“ Übrigens Émile Coué warnt auch vor der „das Gegenteil bewirkende Anstrengung“. Wenn man etwas zu verbissen versucht, wird es kaum gelingen. Darum: Auch wenn Sie den Auftrag noch so dringend brauchen können, entwickeln Sie Strategien, um den eigenen Druck rauszunehmen, mit dem Sie sich selbst die Sicht und den Weg verstellen.
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Stellen Sie sich taub gegen Unkenrufe
Das Gegenteil von „GUT“ ist bekanntlich nicht „SCHLECHT“ sondern „GUT GEMEINT“. Das gilt z.B. auch für viele gefragte und ungefragte Ratschläge. Häufig werden darin eigene Ängste anderen umgehängt. Meine Tochter hat höchst erfolgreich zunächst Wirtschaftsingenieurswesen an einer HTL absolviert und dann Bauingenieurwesen an der Technischen Universität studiert. Viele haben ihr ungefragt von ihrer Berufsorientierung abgeraten, weil es doch als Frau so schwierig ist, in Naturwissenschaft und Technik Fuß zu fassen. Zum Glück ist sie unbeirrt ihres Weges gegangen und war sehr selektiv auf wen sie hört. Das Zitat von unbekanntem Verfasser
„‘Lass dir aus dem Wasser helfen oder du wirst ertrinken‘ sprach der Affe
und setzte den Fisch sicher auf den Baum.“
verdeutlicht, wie unterschiedlich Gefahren und Lösungsmöglichkeiten einzuschätzen sind.
Wenn Ihnen wohlgesonnene Menschen mit Rat-Schlägen „runter ziehen“, dann können Sie die gute Absicht würdigen und sie bitten, ihre Entscheidung zu respektieren und sie in den Lösungsmöglichkeiten zu unterstützen. Bei anderen Menschen können Sie es sogar als Ansporn nutzen. Ich habe es als Kind geliebt, wenn entgegenkommende WanderInnen zu meinen Eltern gesagt haben: „Mit diesem Kind werden Sie wohl nicht bis zum Gipfel kommen.“ Schlagartig waren Unlust und Müdigkeit verflogen. Ganz klar, dass ich es bis zum Gipfelkreuz schaffen werde! Möglicherweise finden sie auch einen passenden Platz für das Schild: „Please do not fead the fears. Thank you!“
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Ziehen Sie Gewinn aus dem Scheitern
Ist Ihnen schon aufgefallen, dass nur der Buchstabe „t“ „gescheitert“ von „gescheiter“ trennt? Dem weitverbreiteten Spruch „Niederfallen, aufstehen, Krone zurechtrücken und weitergehen.“ fehlt Wesentliches – nämlich die Reflexion: „Was lerne ich daraus? Was mache ich ab jetzt anders, um das Risiko des Hinfallens zu minimieren und die Chance des sicheren, zielstrebigen Vorankommens zu steigern?“ Nützlich ist auch das Akronym „WideG“, das für „Wofür ist das eine Gelegenheit?“ Mich ermutigt es, das beste aus einer Situation zu machen. Der Volksmund spendet die tröstenden Worte „Wer weiß wofür es gut ist?“ Und so ist es mir einige Male passiert, dass ich zunächst schmerzlich getroffen war, dass ich eine Absage erhalten habe und im Nachhinein froh war, welch Kelch an mir vorüber gezogen ist. Unternehmerisch zu agieren beinhaltet auch immer das Risiko der Sackgasse. Doch schlimmer als das Versagen ist die Angst davor. Nehmen Sie sich die Worte von Samuel Becket als Ansporn:
„Ever tried. Ever failed. No matter.
Fail again. Fail better.“
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Kosten Sie überwunden Angst aus
EvolutionspsychologInnen gehen davon aus, dass unsere Fähigkeit Glück und Freude zu empfunden den Zweck hat, Angst vor Veränderung zu überwinden. So nach dem Motto: „Da draußen gibt es etwas, das wichtiger ist als meine Furcht.“ Ein kraftvolles „WOFÜR“ ist der stärkste Motivator, um Ängste zu überwinden. Ich selbst z.B. hatte so große Angst vor Schlangen, dass ich jedes Mal haltlos vor Schreck geschrien habe, wenn ich die Schlange Kaa im Zeichentrickfilm „Dschungelbuch“ gesehen habe. Doch ich wollte unbedingt auf den Philippinen in den artenreichsten Riffen unseres Planeten tauchen – in denen es Meeresschlangen gibt. Weil ich die Unterwasserpracht so liebe, habe ich den Schritt von meiner Komfortzone der vertrauten Ängste in die Komm-Vor-Zone der neuen Sichtweisen gewagt. In Begleitung meines mir höchst vertrauten Lebens-Buddys habe ich mich langsam angenähert und angefreundet – ohne mich zu überfordern. Mittlerweile liebe ich die Begegnung mit Meeresschlangen, weil überwundene Angst ein tiefes Lustgefühl in mir auslöst, das Reinhard Messner so beschreibt:
„Der Sieg über die Angst,
das ist auch ein Glücksgefühl, in dem ich mir nahe bin.“
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Wertschätzend-kritische Zuversicht
Überwindung von Ängsten birgt das Risiko in sich, dass schützende Alarmglocken wegfallen. Einige der Meeresschlangen sind tatsächlich wesentlich giftiger als alle an Land lebenden. Hochseehaie sind Raubtiere mit einer gefährlichen Beißkraft. Wenn unbedachte TaucherInnen Meeresschlangen oder Hochseehaie, die in Griffweite vorbeischwimmen berühren, so ist das nicht Mut sondern verantwortungsloser Leichtsinn, der dann auch tragische Unfälle zur Folge haben kann. „Worin besteht die Gefährdung?“ „Woran kann ich erkennen, dass diesmal Gefahr in Verzug ist?“ und vor allem auch „Was kann ich tun, um mich zu schützen und mich in Sicherheit zu bringen?“ Bei durch menschliches Verhalten aggressiv gewordenen Haien wäre es z.B. höchst kontraproduktiv und gefährlich, dem Instinkt zu folgen, möglich rasch aufzutauchen. Abgesehen vom Risiko des zu raschen Aufstiegst, würde man mit dem raschen Flossenschlag die Neugierde des Haies wecken. Erinnern sie ihn doch an zappelnde Fische und damit an leichte Beute. Um Ruhe zu bewahren und die richtige Technik des geordneten Rückzugs anzuwenden, braucht es Übung. Von daher macht es durchaus Sinn, wenn man z.B. in Tauchausbildungen Gefahrensituationen immer wieder durchspielt. „Was stimmt mich zuversichtlich, dass ich die Krise bewältigen werde?“ ist der kraftvollste Gedanke zur mentalen Stärkung in Gefahrensituationen. „Was habe ich schon geschafft und was werde ich daher schaffen?“ ist dafür eine zielführende Fragestellung. Marie von Ebner-Eschenbach hat auch die zentrale Bedeutung von Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zur Bewältigung schwieriger Situationen erkannt:
„Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann,
so ist es der Glaube an die eigene Kraft.“
Selbst-Bewusstsein bedeutet dabei eine wertschätzend-kritische Sicht der eigenen Stärken und Kräfte, Kompetenzen und Erfahrungen. Je besser ich meine eigenen Potenziale kenne, umso besser kann ich sie auch (selbst-)bewusst nutzen und so meine Leistung abrufen, wenn es darauf ankommt. Bei Vorträgen zum „Meistern kritischen Situationen“ ist mein Lieblingsspruch von Unbekannt:
„Ein Vogel hat niemals Angst davor, dass der Ast unter ihm bricht.
Nicht weil er dem Ast vertraut, sondern seinen Flügeln.“
Dieser Blog ist ursprünglich für die UnternehmerInnen-Plattforum „Port41“ verfasst worden.
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Hier finden Sie im Leistungs-Spektrum von Monika Herbstrith-Lappe das Themenfeld „Wertschätzend-kritische Zuversicht“ für eine gelebte Risiko-, Prüf-, Kritik-, Fehler- & Verbesserungskultur.
Über: Monika Herbstrith-Lappe
Geschäftsführende Unternehmerin von Impuls & Wirkung – Herbstrith Management Consulting GmbH, High Performance Coach, Keynote Speaker, Top Trainerin, Certified Management Consultant, Autorin von Büchern und Fachartikeln
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